LCD Display oder Projektor

Aufgrund weiterhin stark sinkender Preise bei LFD (Large Format Displays) stellt sich die Frage immer öfter: LCD Display oder Projektor?

Wie Sie wissen, hat sich dieser Blog zur Aufgabe gestellt, ZDF zu liefern; also Zahlen, Daten, Fakten. Und da kommt es gerade recht, dass jemand die ewige Frage Display oder Projektor nun endlich einmal vernünftig untersucht hat.

LCD Display oder Projektor

Radius Global Market Research befragte also 106 Schüler und Studenten im Alter von 12 bis 22, wie gut den die Inhalte auf dem 70″-Display in einem typischen Klassenzimmer (10 x 10 Meter) zu lesen seien. 70″ sind immerhin stattliche 177cm Diagonale und die allermeisten Brancheninsider würden diese Größe als „schönes, großes Display“ bezeichnen. Natürlich gibt es noch größere Displays mit 80, 90 oder gar 103″ aber diese sind im Vergleich zu 70″ signifikant teurer und deshalb viel weniger verbreitet.

Wie sind nun die Ergebnisse? In einem Wort: Alarmierend!

58% der Studenten gaben an, den Content nicht lesen zu können!
Sie haben „Schwierigkeiten zu lesen oder „große Schwierigkeiten zu lesen“!

Dies ist eine erschreckende Zahl, denn wie sollen sich Menschen den Content einprägen und verarbeiten können, wenn schon die Aufnahme nur mit Mühe oder gar nicht funktioniert?

Die Mehrheit der Studenten hatte Schwierigkeiten den Content auf einem 70″ Display in einem typischen Klassenzimmer zu lesen.

Shira Horn, vice president, Radius Global Market Research.

Selbstverständlich hat auch die Ausgestaltung des Contents, also Schriftgröße, Farben, etc. einen wesentlichen Einfluss auf die Lesbarkeit. Ein Fakt bleibt jedoch, dass 70″ für eine Betrachtung aus vielen Metern Entfernung einfach zu klein sind!

Die Frage nach der Verantwortung muss leider gestellt werden. Welcher Planer hat den Endkunden hier beraten? Sind sich die handelnden Personen bewusst, dass hier eventuell Schadenersatzansprüche drohen?

Offizielle Hilfe naht

Neben vielen Pi-Mal-Daumen-Regeln (siehe unten), die leider trotzdem viel zu oft ignoriert werden, hat sich die Infocomm als unsere globale Branchenvereinigung vor einiger Zeit die Aufgabe gemacht, solche Aufgabenstellungen grundlegend zu analysieren und entsprechende Dokumente zu publizieren. Einige davon haben es sogar schon zum Status einer ANSI-Norm gebracht. Von dort ist der Weg zu einer weltweit gültigen ISO-Norm nicht mehr weit. Den aktuellen Stand der Arbeit zum Thema „Display Size for 2D Content“ gibt es hier zum öffentlichen Download.

Hausverstand praktisch angewandt

Wenn Sie sich aber nicht durch Normen wühlen wollen sondern einfach ein paar leicht zu merkende Schätzungen suchen, dann habe ich etwas für Sie:

Die 4/6/8 Regel ist veraltet

Diese speziell in den USA gängige Faustregel definiert die minimale Bildgröße für den LFV (Least Favored Viewer), also für den schlechtesten Platz im Raum wie folgt:

  • Passives Zusehen wie z.B. Film schauen:
    Max. LFV-Entfernung bei der 8-fachen Bildhöhe
  • Aktives Aufnehmen wie z.B. Lesen:
    Max. LFV-Entfernung bei der 6-fachen Bildhöhe
  • Untersuchen wie z.B. CAD-Pläne:
    Max. LFV-Entfernung bei der 4-fachen Bildhöhe

Während uns diese Regel über viele Jahre gute Dienste geleistet hat, muss ich an dieser Stelle ausdrücklich darauf hinweisen, dass sie eigentlich veraltet ist. Die technische Entwicklung hat uns HD und 4K gebracht und die damit einhergehende massive Zunahme an Auflösung bedingt heutzutage viel größere Screens.
Vergessen wir nicht, dass bei der nun allseits als Standard anerkannten WUXGA Auflösung von 1920*1200 in beiden Dimensionen nahezu DOPPELT so viele Pixel zur Verfügung stehen im Vergleich zum lange aktuellen Standard von 1280*720. Daraus folgt, dass die maximalen Entfernungen der 4/6/8-Regel richtigerweise HALBIERT werden müssen.

Dies ist keine leere Floskel, sind doch auch am typischen Arbeitsplatz die Monitore mit steigender Auflösung auch immer größer geworden. Der aktuelle Standard sind 24″-Monitore und FullHD-Auflösung also 1920*1080 bzw. 1920*1200. Diese Monitore haben ca. 32cm Bildhöhe und der Betrachtungsabstand am typischen Schreibtisch ist meist weniger als 1m. Dies ergibt einen Faktor 3, also perfekt innerhalb der goldenen Mitte von 4/6/8 nach Halbierung aufgrund des „technischen Fortschrittes“.
Die Frage LCD Display oder Projektor lässt sich natürlich nie pauschal beurteilen, aber in den allermeisten Fällen gilt folglich:Wird der Betrachtungsabstand größer als 4-5m, was meist in Räumen mit mehr als 6-8 Sitzplätzen der Fall ist, so wird es äußerst schwierig (und auch sehr kostspielig!) mit einem LCD Display ein optimales Bild für die Teilnehmer zu erzeugen.Habe ich überhaupt so viel Platz?Nicht Thema dieses Blogposts aber den Architekten dieser Welt ins Stammbuch geschrieben sei die praktische Auswirkung dieser Regel:Bei 10 Meter LFV-Entfernung und einem Faktor 4 benötigen wir also eine Bildhöhe von min. 2,5m. Wenn man jetzt die Bildunterkante auf eine Höhe von 1,2m setzt, schließlich sollen ja nicht die Schultern des Vordermanns im Blickfeld sein, dann ergibt sich daraus eine Bildoberkante und somit Raumhöhe von wieviel? Ist ja wirklich nicht sooo schwer, oder?
Daher:
Hoch verehrte Architekten,
Warum glaubt ihr immer noch, dass Veranstaltungsräume nur 2,7 – 3,0m Raumhöhe haben sollten??
Aber das ist eine andere Geschichte….Wie immer freue ich mich auf Interaktionen jedweder Art.