Huddly IQ – viel mehr als nur eine Webcam

Huddly IQ Beauty

Webcams regieren die Welt

Während früher Kameras nur in den komplexen Meetingräumen installiert waren, ist bekanntermaßen heute jeder Raum ein Videokonferenzraum. Plattformen wie MS Teams, Cisco WebEx oder Zoom sind allgegenwärtig und nach vielen, meist misslungenen BYOD Experimenten setzt sich die Erkenntnis durch, dass Kameras als Teil der Einrichtung fix im Meetingraum montiert sein müssen, abgestimmt auf die Bestuhlung, Beleuchtung und Blickrichtung der Teilnehmer.

Aber welche Kamera nehmen wir jetzt? An Auswahl scheint es nicht zu mangeln. Von der kleinen Mini-Webcam, die besser auf ein Notebook statt auf einen 75″ Screen passt, bis hin zu scheinbar aus einem Fernsehstudio entlaufenen Riesengeräten reicht die Auswahl. Aber braucht es im typischen Meetingraum mit 4-8 Personen wirklich solche Schwergewichte? Haben die enormen Fortschritte in der Consumer-Elektronik nicht auch Auswirkungen auf unsere kleine AV-Welt?

Als typischen Vertreter der modernen Meetingraum-Webcams habe ich die HUDDLY IQ einmal näher unter die Lupe genommen und werde anhand dieses kleinen Wunderwerks den aktuellen Stand der Technik zeigen.

Huddly? Wer ist Huddly?

Beim Thema Webcams fallen einem auf Anhieb wahrscheinlich andere Markennamen als Huddly ein, aber wie so oft sollten wir Consumer- und Profi-AV-Markt nicht verwechseln. Huddly ist ein recht junges und hochinnovatives Unternehmen aus Norwegen, womit sich auch das wirklich tolle Design erklärt. Formschön, ästhetisch und trotzdem funktional; so kennt man skandinavische Produkte. Kein Wunder, dass die Produkte laufend Designpreise gewinnen.

Videokonferenz und Norwegen? War da nicht was? Spezialisten unter Ihnen wissen es: In Norwegen war die Firma Tandberg, einer der Wegbereiter in Sachen Videokonferenz im sogenannten „Video Valley“. Und selbst viele Jahre nach der Übernahme von Tandberg durch Cisco ist das globale WebEx Kompetenz-Zentrum heute noch immer in Norwegen. Neben Huddly sind hier auch einige andere hochinnovative Videofirmen beheimatet.

Die Huddly IQ ist ganz klar als Meetingraum-Kamera positioniert. Sie kostet daher auch deutlich mehr als das Schnäppchen aus dem Elektronikmarkt, verfügt jedoch über einige wirklich bemerkenswerte Features. Das hochwertige Aluminium-Gehäuse in Matt-Schwarz ist ein massives Upgrade zum sonst vorherrschenden glänzenden Plastik der China-Konkurrenz.

Anschlüsse – keep it simple

Die Zeit der weit abgesetzten Technikracks ist großteils vorbei, denn die UC-Engine befindet sich meist direkt hinter dem Display. Die 2 Meter Länge des inkludierten Kabels der Kamera reichen also für diese Anwendung völlig aus.

Huddly IQ Cabling
Huddly IQ Verkabelung


Manchmal reichen aber selbst die per einfacher USB-Verlängerung erzielbaren 5 Meter nicht aus. Anstatt nun den Kunden zu Experimenten mit USB-Extendern zu nötigen, liefert Huddly gleich die Lösung mit.

Huddly L1

Der größere Bruder der Huddly IQ, das neue Modell Huddly L1 hat einen eingebauten Extender für bis zu 30m Entfernung! Die Verbindung ist ein normales CAT-Kabel. Bravo!

Huddly L1 Shot
(c) Huddly
Huddly L1 Cabling

Wichtig: Die Huddly IQ ist offiziell nur für den Betrieb an USB 3.0 freigegeben. Diese meist blauen Schnittstellen sind mittlerweile absolut Standard und bieten das entscheidende Plus in Sachen Übertragungs-Speed und Stromversorgung im Vergleich zum 20 Jahren alten USB 2.0.

Inbetriebnahme

Die Installation an einem Windows 10 PC gestaltet sich einfach. Direkt nach dem Einstecken erkennt Windows die Kamera und installiert Standard-Treiber. Auch an Audio wurde gedacht. Ebenfalls nur vom Feinsten: Kein banales Einzelmikrofon, sondern ein gleich ein ganzes Mic-Array wurde integriert. Wahlweise ist auch eine Version ohne Mikrofon erhältlich.

Bei vielen Webcams ist an dieser Stelle schon Schluss, bei der Huddly IQ beginnt der Spaß erst jetzt.  Mit der Installation der Huddly App wird klar, was mit dem IQ im Produktnamen genannt ist.  Abgesehen vom Firmwareupgrade, das mit nur einem Mausklick nicht einfacher sein könnte, öffnet sich damit die Welt zu den Zusatzfeatures.

Schwenken, neigen, zoomen?

Genius Framing ist Teil eines ganzen Pakets an smarten Features, welche einige grundlegende Herausforderungen von Videomeetings elegant löst. Mit einer gehörigen Portion AI (Artificial Intelligence) analysiert die Kamera den Bildinhalt, erkennt in Echtzeit Personen und Gegenstände und kann darauf reagieren.

Die gesamte Smartness liegt in der Kamera und nicht etwa im PC!

Smarte Webcams im Jahr 2021

Der Bildausschnitt

Es klingt ganz banal: Der Aufnahmewinkel der Kamera muss einerseits so breit sein, dass wirklich alle Teilnehmer noch aufs Bild kommen. Andererseits macht es keinen Sinn, wenn dank Super-Weitwinkel-Optik „viel Raum“ und kaum erkennbar zwei Mini-Köpfe in Briefmarkengröße übertragen werden.
Eine Kamera mit Zoom-Optik samt Kameramann löst das Problem. Leider sind Teams oder Zoom-Meetings mit Kameramann und Regie aber eher selten, dank Huddly Genius Framing erledigt dies die Kamera aber ganz alleine!

Huddly Genius Framing

Verlustfreies Pan/Tilt/Zoom

Ein „echtes“, d.h. optisches Zoom sorgt bekanntlich dafür, dass der Sensor den gewünschten Bildausschnitt geliefert bekommt. Zoomen per Optik ist damit per Definition verlustfrei, ein FullHD Sensor liefert immer FullHD unabhängig von der Zoomstufe.
Bei Webcams hat sich jedoch das Software-Zoom durchgesetzt. Anstatt des vollen Bildes wird nur ein Teil des Bildes „herausgezoomt“ und an die Gegenstelle gesendet. Dies führte zwangsläufig zu Qualitätsverlusten, weil eben nur ein Teil des Bildsensors verwendet wird. Dies stimmt jedoch nicht mehr! Moderne Webcams haben eine viel höhere Sensor-Auflösung als für die Übertragung eigentlich gebraucht wird. Dies kann man gut nutzen.

Beispiel:
Die Huddly IQ hat einen 12 Megapixel Sensor, ein 1080p Signal braucht jedoch nur ca. 2 Megapixel. Die Software kann also problemlos einen Auschnitt des 12 Megapixel großen Gesamtbildes entnehmen und im resultierenden Fenster sind noch immer ausreichend Pixel für ein komplettes FullHD-Bild. Dieses Fenster lässt sich natürlich frei über das Bild verschieben. Die Folge ist ein virtueller Digital Pan/Tilt/Zoom ganz ohne bewegte Teile über das 120° breite Panorama der Huddly IQ.

Huddly Room Example
(c) Huddly

Zum Vergleich:
Das neue größere Schwestermodell Huddly L1 verfügt sogar über einen 20 Megapixel Sensor, welcher verlustfreien 5-fach Digital-Zoom ermöglicht!
Sie sehen, wohin die Reise geht.

Huddly IQ kann Personenzählung und mehr

Wenn die Kamera nun dank massiver Rechenpower mit ML & AI (Technik-Link zum Brain der Kamera) schon so clever ist, Personen vom Rest des Bildes unterscheiden zu können, dann geht vielleicht noch mehr. Und genau so ist es.

Huddly People Counting

Mit der InSights analytics API  genannten Schnittstelle liefert die Kamera ihre Erkenntnisse an den Host-Rechner und erhält im Gegenzug Aufgaben, die sie selbstständig erledigen kann.
Die erste dieser neuen Funktionen ist nun die Personenzählung aka People Counting.
Die Kamera analysiert selbstständig den Bildinhalt und meldet die Personenanzahl an den Host. Dieser kann dies nun z.B. gegen ein (z.B. Covid19-bedingtes!) Maximum vergleichen oder den Organisator darauf hinweisen, dass für die nur 3 Personen keine Reservierung eines großen 12-Personen Raumes nötig gewesen wäre! Alternativ ist es auch denkbar, dass der Host nur als Gateway zu einem Cloud-Dienst dient. (Für Azure-IoT liefert Huddly fertigen Beispiel-Code)
Details zu diesem Thema und warum People Counting eines der Killer Features des Jahres ist, hier in einem vergangenen Blogpost:
Medientechnik in der COVID19-Krise.

Persönliche Einschätzung

Huddly zeigt mit der IQ, dass man viel mehr als nur ein weiterer Webcam-Hersteller ist. Mit dem Ansatz der Bildverarbeitung direkt in der Kamera wurde die Aufgabenverteilung zwischen Kamera und Host-System neu definiert. Plattformen wie Teams oder Zoom erhalten sehr einfach Zugriff auf neue Features, ohne sich selbst um die Details kümmern zu müssen.
Die Peripherie, hier eben in der Kamera, wird massiv aufgewertet und Huddly entzieht sich dem Preiskampf, wer denn die billigste Webcam liefern kann.

Auch wenn es auf den ersten Blick nicht offensichtlich ist:

Huddly ist meiner Meinung nach ohne jeden Zweifel eine der innovativsten Hersteller der AV-Branche!
Mit kleinen, hübschen Webcams. Wer hätte das gedacht?

Harald Steindl

Man darf gespannt sein, wie die Reise bei Huddly weitergeht und auch wie andere Hersteller reagieren. Beziehungsweise reagieren werden müssen, denn Huddly hat hier gewaltig vorgelegt.